Die Geschichte der Feuerwehr Nandlstadt
Auszüge aus der "Festrede zum 125. Vereinsjubiläum der Freiwilligen Feuerwehr Nandlstadt",
gehalten von Siegfried Massier, OStR
|
Vorgeschichte
Die enge Bebauung und der überwiegend verwendete Baustoff Holz führten
in mittelalterlichen Siedlungen und Städten häufig zu verheerenden
Brandkatastrophen. Auch der Markt Nandlstadt blieb nicht von solchen Großbränden
verschont, und so haben wir den ersten amtlich bestätigten Brand im
Jahr 1386, denn im Bestätigungsbrief der Marktprivilegien vom 7. Mai
1386 ist von Briefen die Rede, welche die Nandlstädter von den Vorfahren
des Herzogs Friedrich von Niederbayern erhalten hätten und verbrannt
seien. In der Urkunde heißt es: „Wir Friedrich, ...bekennen öffentlich
mit dem Brief, das Wir von solchen Schaden wegen, als den armen Leuthen unseres
Marktes zu Nandlstat von Prunst beschechen ist, sondern an ihren Briefen,
die sie von unsern Vorfahren umb Ire Recht gehabt haben, die Inen auch verprunnen
sind...“ Es muss also ein verheerender Brand gewesen sein, der den Nandlstädtern
auch ihr wichtigstes Dokument ihrer bürgerlichen Freiheiten raubte.
Es kam wiederholt zu Bränden, so auch 1666 als 17 Firste brannten, vermutlich
die gesamte Marktstraße; der Ort Nandlstadt bestand damals aus ca.
60 Anwesen bzw. Wohnhäusern. Auch in den Jahren 1811 und 1851 brannten
wieder ganze Ortsviertel nieder.
Die Anfänge des Nandlstädter Feuerlöschwesens
Erste schriftliche Nachweise, also Belege des Nandlstädter Feuerlöschwesens
stammen aus den Jahren 1858 und 1859. Durch glückliche Umstände
sind drei Rechnungen an die Verwaltung des Marktes Nandlstadt erhalten geblieben.
In der ersten Quittung wird bestätigt dem Schlossermeister Heidenberger
für „Filzen, reinigen und schmieren der Löschmaschine“ 1 Gulden
und 21 Kreuzer ausbezahlt zu haben. Bei dieser Feuerlöschmaschine handelte
es sich offenbar um eine Druckspritze, wie sie damals bei den Feuerwehren
allmählich Verwendung fanden. In den anderen beiden Belegen werden 8
Gulden und 36 Kreuzer für eine Feuerbeschau in der Gemeinde, sowie 1
Gulden und 33 Kreuzer für den Erwerb einer Feuerleiter, ausbezahlt.
Aus diesen ältesten Nachweisen geht hervor, daß es im Markt Nandlstadt
bereits eine Organisation zur Brandbekämpfung gab, die unter der Leitung
der Verwaltung der politischen Gemeinde stand.
Ein weiterer Hinweis auf das Bestehen einer organisierten Feuerwehr findet
sich in der Geschichte des Turnvereins Nandlstadt. Nach Gründung des
Turnvereins im Jahr 1868 wollten dessen Mitglieder „geschlossen“ zur Feuerwehr
„übergehen“. Bedingung für den Übertritt der Turner war jedoch,
daß die Gemeinde die nötigen Feuerwehr-Ausrüstungsgegenstände
bereitstellte. Die Anschaffung von Schubleitern stieß aber nicht auf
einhellige Zustimmung bei den Bürgern. An das Bezirksamt Freising berichtete
man am 11.12.1868, man habe die Sache wieder auf sich beruhen lassen, weil
die Gemeinde nicht nur eine Feuerwehr, sondern auch eine funktionsfähige
Feuerwehrspritze brauche. Man wolle erst Leitern, Haken und Schläuche
anschaffen, wenn von irgendeiner Feuerversicherungsgesellschaft eine eigene
Löschmaschine erwirkt werden kann.
Mit dieser Art Pokertaktik versuchte man von der Regierung die erhofften
und dringend benötigten Zuschüsse zu erhalten. Doch der ganze Druck
auf die Regierung, einen Zuschuss zu gewähren nutzte nichts. Das Bezirksamt
ordnete am 12.01.1870 die Aufstellung einer Zwangsfeuerwehr an. Auffallend
schnell meldete darauf die Gemeinde bereits am 01.02.1870, daß die
Einwohner des Marktes in 4 Rotten zu je 25 Mann eingeteilt worden seien,
Feuereimer sowie Haken und Leitern seien im Feuerwehrhaus vorhanden, rote
Feuereimer übrigens auch in jedem Haus.
Die ersten Jahre
Im Jahr 1881 richtete die Gemeinde erneut ein Gesuch an das Bezirksamt Freising
mit der Bitte, bei der Regierung von Oberbayern eine Unterstützung für
die Anschaffung einer zweiten Feuerspritze erwirken zu wollen. Das Bezirksamt
schrieb an die Regierung: „Es kämen leider in keinem Amtsbezirk soviel
Brände vor als im Bezirksamt Freising, wo die Verwilderung und Rachsucht
von Bewohnern zum Schaden der besitzenden Klasse durch ruchlose Brandstiftung
sich Luft macht. Man müsse auch zugeben, daß in wenigen Bezirksämtern
soviel geschehen sei wie in dem Freisinger Amt; im Verlauf von 10 Jahren
seien 63 Freiwillige Feuerwehren gebildet worden. Für Nandlstadt erbitte
man einen Zuschuss von 100 Mark. Die Regierung bewilligt eine Unterstützung
von 240 Mark zur Anschaffung einer neuen Löschmaschine mit Saugwerk,
die am 20.12.1882 bei der Firma Christian Braun in Nürnberg bestellt
wurde. Am 08.02.1883 traf die neue Saug- und Druckspritze ein und wurde erprobt;
der Preis betrug 1250 Mark.
In den Folgejahren erreichte die Nandlstädter Feuerwehr einen guten
Ausbildungsstand, der sich bei mehreren Großbränden im Ort bewährte.
In der Zwischenzeit hatte sich aber auch die Versorgung mit Löschwasser
verbessert, nachdem im Jahr 1893 eine neue Wasserversorgungsanlage mit Gussleitungen
fertiggestellt wurde.
Die Vereinsfahne
1911 ging die Feuerwehr daran eine neue Fahne anzuschaffen und setzte sich
mit der Fahnenstickerei Auer in München in Verbindung. Dabei wurde man
darauf aufmerksam gemacht, daß unter gewissen Auflagen als Motiv das
Bildnis des Prinzregenten Luitpold von Bayern anlässlich seines 90.
Geburtstages, am 12. März 1911, eingestickt werden könne. Voraussetzung
war aber, daß der Verein schon auf ein „50-jähriges Bestehen zurückblicken“
könne. Diese Bestätigung wurde von drei Bürgern durch eidesstattliche
Erklärungen beigebracht. Da es sich dabei um Männer handelte, die
selbst noch die Anfänge der Nandlstädter Feuerwehr miterlebt haben,
wird das Jahr 1861 als Gründungsjahr der Feuerwehr angesehen. Nur drei
Vereine in Bayern erhielten die Erlaubnis das Bildnis des Prinzregenten auf
ihrer Fahne zu tragen, was eine besondere Auszeichnung bedeutete. Das 50-jährige
Gründungsfest mit Fahnenweihe wurde unter Beteiligung vieler auswärtiger
Vereine gefeiert und stellte einen ersten Höhepunkt im Vereinsleben
dar.
Erste Motorisierung und Kriegsjahre
1932 begann die Motorisierung der Nandlstädter Feuerwehr. Bei der Firma
Paul Ludwig in Bayreuth wurde, zum Preis von 3600,- RM, ein Tragkraftspritzenanhänger
mit einer Motorspritze TS8 gekauft. Die Pumpe wurde per Bahn geliefert und
verpackt im Speditionsschuppen des Bahnhofs bis zu ihrer Übergabe aufbewahrt.
Die angebliche Leistung der neuen Maschine sprach sich aber bereits im Ort
herum, und es war wohl ein eigenartiger Zufall, daß es umgehend noch
zweimal brannte, bevor die Spritze zum Einsatz kam.
Gravierende Änderungen für die Freiwilligen Feuerwehren folgten
in den Jahren des Dritten Reiches. Durch die Reichsverordnung vom 05.02.1936
wurden die Feuerwehren unter Polizeiverwaltung gestellt. Die neue Uniform
glich der der Polizei. Damit wurden die Freiwilligen Feuerwehren eine technische
Hilfsformation der Ortspolizeiverwaltungen. So wurden die Feuerwehren auch
zu Aufmärschen und Kundgebungen herangezogen und die Einsätze nannte
man „Angriffsübung“. Der parapolizeiliche Charakter zeigte sich auch
in der Art der Übungen, zu denen jetzt auch das Marschieren gehörte,
was nicht allen Feuerwehrleuten gefiel. So heißt es in einem Bericht
über eine Inspektion im Juli 1939: „Vorbeimarsch war gut, aber die bekannten
Mann sind wieder aufgefallen. Es sind zwar gute Feuerwehrleute, aber das
Gehwerk lernen die nie.“ Die neuen Zeiten spiegeln sich aber auch in den
alten Mitgliederlisten. Im Jahr 1935 wird der Mitgliederstand mit 75 Aktiven
angegeben. 1938 erscheinen dagegen nur noch 36 Aktive in der Liste.
Am 10. März 1943 musste eine Gruppe der FFW zum ersten Löscheinsatz
bei einem Fliegerangriff auf München. Bis zum 25. Februar 1945 sollten
noch weitere 15 Einsätze mit 3952 Einsatzstunden notwendig werden. Als
Zugfahrzeug für den Spritzenanhänger wurde dabei immer der LKW
eines Fuhrunternehmers oder ein verfügbarer Privat-PKW benutzt, da die
Feuerwehr ja kein eigenes Fahrzeug hatte.
Neuanfang
Die Gleichschaltung der Feuerwehren im Nationalsozialismus zeigte sich als
ein unseliges Verhängnis bei dem Großbrand des Wirtschaftsgebäudes
des Penker´schen Mühlenbetriebes im Winter 1947, als große
Getreidevorräte durch den Brand vernichtet wurden. Die Feuerwehrleute
mussten sich als Mitglieder einer gleichgeschalteten Organisation dem Entnazifizierungsverfahren
unterziehen. Das bedeutete bis zu ihrer Freisprechung durch die Spruchkammern,
daß sie kein öffentliches Amt bekleiden und keinen Dienst in der
Feuerwehr leisten durften. Bei diesem Brand versuchten Nichtfeuerwehrleute
zu löschen und dadurch ging wertvolle Zeit verloren. Als der Löschangriff
nicht richtig klappen wollte, konnten es die anwesenden Feuerwehrleute, die
ja nicht eingreifen durften, nicht mehr mit ansehen und griffen schließlich
doch ein, um zu retten, was noch zu retten war. Bei der Militärregierung
begann ein Umdenkungsprozess und für die Feuerwehr der Neuanfang nach
dem Krieg.
Festlichkeiten nach dem Krieg
Im Jahr 1951 feierte man das 90. Gründungsfest, das erste große
Fest in Nandlstadt nach all den Jahren des Krieges und der ersten Nachkriegsjahre.
Zahlreiche Feuerwehren waren zum Jubiläum erschienen und die gesamte
Bevölkerung des Marktes zeigte reges Interesse, als 17 Wehren mit 175
Mann am Bahnhofsgelände zur Großinspektion antraten und ihren
Ausbildungsstand demonstrierten. Die Freude bei diesem Fest wurde aber nur
durch einen Umstand getrübt, die alte Feuerwehrfahne von 1911 fehlte.
Eine neue konnte man sich nicht leisten, man hatte damals noch andere Sorgen.
Die Fahne war seit 1936, als alle Prunkfahnen eingeholt werden mussten, aus
der Öffentlichkeit verschwunden und ruhte im Fahnenschrank bis Ende
März 1948. Von da ab fehlte plötzlich jede Spur. Nur die Zierspitze
und ein Teil der Fahnenstange tauchten später auf.
Im Herbst 1957 kam bei einer Haussammlung, durch die große Spendenbereitschaft
der Bevölkerung, so ein stattlicher Betrag zustande, daß es möglich
war eine neue Fahne anzuschaffen. Da man einen wirklichen Ersatz wollte,
holte man sich die Genehmigung dazu bei Herzog Albrecht von Bayern ein und
konnte die Fahne dann am 18. Mai 1958 weihen. 38 auswärtige Vereine
hatten sich zur Fahnenweihe eingefunden.
|
Bedeutende Jahre im Überblick
1955 |
Mit der Stationierung eines Kreislöschfahrzeuges TSF auf der Basis eines VW Bulli-T1 wird die Feuerwehr zum ersten Mal mobil.
Das Fahrzeug ist bis 1982 im Einsatz. |
1962 |
In den 60er Jahren werden ein Tanklöschfahrzeug TLF-8 und ein Vorauslöschfahrzeug VLF des Zivilen Bevölkerungsschutzes
ZB in Nandlstadt stationiert. |
1970 |
Ein Tanklöschfahrzeug TLF16/25 wird angeschafft und das alte Feuerwehrgerätehaus im Rathaus wird um eine Fahrzeughalle
mit 2 Stellplätzen erweitert. |
1977 |
Vom Feuerwehrverein wird in Eigenleistung ein Schulungsraum an das Gerätehaus angebaut. |
1978 |
Ein gebrauchtes Löschfahrzeug wird von der BF München erworben und zu einem Löschgruppenfahrzeug LF16-TS umgebaut. |
1988 |
Ein neues LF8-I ersetzt das alte LF16-TS. Im Juli wird das 125-jährige Gründungsfest gefeiert. Aus Termingründen
erst mit zwei Jahren Verspätung. In einem alten, mit Ziegelsteinen gelegten Brunnenschacht, werden in 7 Meter Tiefe die Reste der
alten Saug- und Druckspritze von 1883 entdeckt. Die Pumpe wird geborgen und restauriert. |
1992 |
Die Planungen für ein neues Feuerwehrgerätehaus beginnen, im September 1994 sind die Bauarbeiten abgeschlossen und das
Gebäude wird bezogen. |
1995 |
Ein gebrauchtes Mehrzweckfahrzeug MZF erweitert den Fuhrpark. |
1999 |
Ein neues Löschgruppenfahrzeug LF16/12 wird angeschafft. |
2002 |
Der Feuerwehrverein veranstaltet die erste Hallenparty "Night of Flames" |
2003 |
Die Jugendgruppe der Feuerwehr Nandlstadt wird gegründet. |
2007 |
Anschluss ans World Wide Web. Unsere erste Homepage geht online. |
2009 |
Ein neues Mehrzweckfahrzeug wird angeschafft. Das alte MZF wird von der Ortsfeuerwehr Baumgarten übernommen. |
2015 |
Ein Gerätewagen Dekon-P des Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe wird bei der Feuerwehr Nandlstadt stationiert.
Im Oktober wird das 150-jährige Gründungsfest mit einem Festabend in der Mehrzweckhalle gefeiert. Festredner Siegfried Massier referierte in
seiner Laudatio über die Anfangsjahre der Feuerwehr und konnte durch seine Nachforschungen Näheres zum genaue Gründungsjahr beitragen. |
2016 |
Das LF8 und das TLF16/25 werden durch ein neues Löschgruppenfahrzeug LF20 ersetzt.
Eine Abordnung der Feuerwehr fährt mit dem LF8 nach Ungarn und übergibt es dort der Partnergemeinde Ujszilvas. |
|
|
|
|
|